S3-Leitlinie zur vaginalen Geburt am Termin
Als Geburt am Termin gelten alle Entbindungen im Zeitraum 37+0 Schwangerschaftswochen (SSW) bis 41+6 SSW.
Zum Jahreswechsel 2020/2021 erschien eine interdisziplinär entwickelte neue Leitlinie zur Geburtshilfe für Entbindungen rund um den errechneten Geburtstermin.
Eine Kurzfassung der neuen S3-Leitlinie zur vaginalen Geburt am Termin finden Sie unter:
Vaginale-Geburt-am-Termin_2021-01_1.pdf
Um Ihnen als werdende Eltern ihre Rechte zu verdeutlichen, haben wir die wichtigsten Informationen zusammengefasst.
Grundgedanke
„Gute Geburtshilfe stellt daher das Wohlergehen und die Sicherheit für Mutter und Kind in das Zentrum.“
Dieser Satz ist der großartige Grundgedanke der zum Jahreswechsel 2020/2021 erschienen neuen Leitlinie für die normale Geburt (Vaginale Geburt am Termin).
Entwickelt wurde sie im Bewusstsein, dass jeder „Einfluss, den Hebammen und Ärzt*innen in dieser Phase als geburtshilfliche Akteur*innen nehmen, das Potenzial hat, kurz- oder langfristig auf die Gesundheit der Frau oder des Kindes, aber auch auf die Väter und gegebenenfalls auf die Familien und die Gesellschaft, Einfluss zu nehmen.“[1]
Als Geburt am Termin gelten alle Entbindungen im Zeitraum 37+0 Schwangerschaftswochen (SSW) bis 41+6 SSW.
Die wichtigsten Inhalte
Um Ihnen als werdende Eltern ihre Rechte zu verdeutlichen, haben wir die Regelungen in Stichpunkten zusammengefasst.
- Schwangere Frauen sind vor der Geburt ausreichend zu informieren, auch über die Wahlmöglichkeit des Geburtsorts. Auf Grundlage dieser Informationen sollen sie selbstinformiert entscheiden können.
- Frauen sind individuell und respektvoll zu betreuen und mit Wertschätzung und Achtung zu behandeln.
- In der Leitlinie wird klargestellt, dass Herztöne hören mittels Auskultation (also Hören, z.B. über Ohr/Hörrohr) mehr Vorteile hat als das CTG.
- Nach einem Blasensprung gibt es keine Empfehlung für das Liegen der Gebärenden und keine routinemäßige vaginale Untersuchung.
- Nicht medikamentöse Methoden können grundsätzlich angeboten werden (Beispielsweise Akupunktur, Akupressur, Hypnose, Aromatherapie)
- Nach einer PDA muss keine routinemäßige CTG-Überwachung erfolgen.
- Vaginale Untersuchungen sollen nicht routinemäßig durchgeführt werden.
- Die Gebärende soll zur Bewegung ermutigt werden und in der Austrittsphase dazu angehalten werden, die Rückenlage zu vermeiden. Sie soll motiviert werden die Position einzunehmen, die sie als angenehm empfindet.
- Es soll kein routinemäßiger Dammschnitt erfolgen. Maßnahmen gegen den Dammriss (z.B. Kompressen) sollen angeboten werden.
- Bis zu 60 Minuten nach der Geburt des Kindes kann die Nachgeburtsperiode abgewartet werden.
- Nach der Entbindung sind die Geburtsbegleiter angehalten ein ungestörtes Bonding zwischen Eltern und Kind zu ermöglichen und möglichst nicht zu stören. Nötige Untersuchungen sollten im Beisein der Eltern erfolgen.
- Eine dringende Empfehlung gibt die Linie zur Eins-zu-eins-Betreuung ab der aktiven Eröffnungsphase bis zur Geburt. Sie soll bei 95% der Geburten erreicht werden.
- Frauen sollte es ermöglicht werden, von einer Begleitperson/Begleitpersonen ihrer Wahl während der Geburt unterstützt zu werden.
- Die Hebamme ist während der Geburt die primäre Ansprechpartnerin.
Interdisziplinär verfasst
Die Leitlinie wurde interdisziplinär und gemeinschaftlich von einem großen Autorenteam verfasst und federführend von der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) sowie der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi) erstellt.
Es waren zudem weitere Verbände sowie pädiatrische und mit dem Motherhood e.V. eine Bundeselterninitiative involviert.Die Autoren folgen zum großen Teil inhaltlich den Empfehlungen der National-Institute-for-Health-and-Care-Excellence(NICE)-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies[2].
»Das Ziel der vorliegenden Leitlinie ist daher die Zusammenfassung des aktuellen Wissens über die vaginale Geburt am Termin mit dem Fokus auf Definition der physiologischen Geburtsphasen mit Abgrenzung pathologischer Entwicklungen und Zustände sowie einer Einschätzung der Notwendigkeit oder auch Vermeidung einer Intervention. Dieses Wissen bietet den in die Betreuung einer Gebärenden involvierten Akteur*innen eine angemessene Orientierung für ihr berufliches Handeln und ermöglicht zugleich Frauen eine der Situation angepasste, selbstbestimmte Geburt.« [3]
Mehr Rechte für SIE
Liebe Schwangere, damit stärken die Gesellschaften IHRE Rechte enorm. Sie sind über Maßnahmen aufzuklären und IHR Einverständnis ist soweit möglich einzuholen.
Beachten Sie jedoch, dass viele Regelungen (beispielsweise der Verzicht auf das CTG) für eine komplikationslose Geburt mit Eins-zu-eins Betreuung gelten. Werden während der Geburt Risiken festgestellt können für die Geburtsbegleiter andere Regelungen in Kraft treten.[1] AWMF 015-083 S3-Leitlinie Vaginale Geburt am Termin; Einleitung https://www.dghwi.de/wp-content/uploads/2021/01/015-083k_S3_Vaginale-Geburt-am-Termin_Kurzfassung.pdf
[2] National Institute for Health and Care-Excellence (NICE): Intrapartum Care. Care of healthy woman and their babies during childbirth. Clinical guideline [CG 190]. NICE CG190 2014 updated 02/2017. Version 2; abgerufen von: https://www.nice.org.uk/guidance/cg190/evidence/full-guideline-pdf-248734770
[3] AWMF 015-083 S3-Leitlinie Vaginale Geburt am Termin; Einleitung https://www.dghwi.de/wp-content/uploads/2021/01/015-083k_S3_Vaginale-Geburt-am-Termin_Kurzfassung.pdf